In Zukunft jährlich 1,577 Mio. € mehr für die Bibliothek. Ist das bezahlbar?
Sofortiger Stopp der Abrissarbeiten des ehemaligen Karstadthauses!
Anmerkungen und Kritik zur Vorlage für Magistrat und Stadtverordnetenversammlung: „Innenstadt Neu denken: Ergebnisse der Machbarkeitsstudie für die Entwicklung des ehem. Karstadt-Areals und Planung“ (I/116/2025, entspricht im Wesentlichen der Tischvorlage Nr. V 44/2025 zur Stadtverordnetenversammlung)
So positiv es ist, dass die Stadt bei der Innenstadtentwicklung das Heft des Handelns selbst in die Hand genommen hat, und so positiv es ist, dass mit dem Versuch, in der Innenstadt einen sog. Dritten Ort zu schaffen, hier mit der Stadtbibliothek, so fragwürdig ist leider der Weg dahin, der aus meiner Sicht ohne die notwendige offene und breite gesellschaftlich-politische Diskussion stattfand. Und um das deutlich zu sagen: Sog. Bürgerinformationen sind keine Bürgerbeteiligung wie zum Beispiel der Urbanista-Prozess.
Meiner Meinung nach hat die Vorlage deutliche Schwachstellen, von denen ich nur folgende kursorisch nennen will
a. Es gab keine echte Variantenprüfung,
b. Es gibt keine klare Regelung des Zugangs zum Columbus-Center,
c. Eine Erwägung wegen des Umgebungsschutzes nach Brem. Denkmalschutzgesetz, der einer Ausweitung des Platzes hin zum sog. Eulenhofgrundstück entgegensteht, hat nicht stattgefunden und kann das Vorhaben beträchtlich verzögern.
d. Es wird eine Kostenschätzung auf 75 Mio. € gesetzt (Das Architekturbüro Gerber kommt auf 90 Mio. Euro), dadurch entstehen erheblich höhere jährliche Kosten für die Bibliotheksmiete, nämlich 1,577 Mio. € jährlich mehr als bisher.
e. Es gibt keine Aussage zum gültigen Bebauungsplan, wobei die Entwürfe des Vorhabens deutlich stärker davon abweichen als die seinerzeitigen Heller-Entwürfe, für die jedoch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan aufgestellt werden sollte,
f. Es hat keine öffentliche Befassung im eigentlich zuständigen Ausschuss (BUA) und damit auch keine politische Diskussion stattgefunden. Das ist aus meiner Sicht demokratieschädliches Verhalten. In einem Bundesland mit funktionierender Kommunalaufsicht würde die Vorlage schon allein aus diesem Grund beanstandet werden.
g. Es fehlt eine Risikoabschätzung: z. B. was passiert, wenn Schadstoffe im Boden gefunden werden; generell, wenn es zu Bauverzögerungen aufgrund noch nicht vorhersehbarer Ereignisse kommt.
h. In der Vorlage wird als Auftragnehmerin wechselweise die Stäwog und die Stägrund genannt. Es bleibt unklar, wer denn nun Vertragspartnerin der Stadt sein soll.
Dass unter „Beteiligung“ das Dezernat VI pauschal genannt wird und nicht die zuständigen Ämter, kann ich mir nur mit der Unerfahrenheit des neuen Dezernenten erklären… und dass die Vorlage nur vom Referat für Wirtschaft stammt, sollte einen hellhörig werden lassen; früher wurden solche Vorlagen mit städtebaulichen Konsequenzen mindestens gemeinsam vom Stadtplanungsamt und dem Referat erstellt.
Was folgt daraus?
Was ich wichtig finde, ist ein sofortiger Stopp der Abrissarbeiten. Nur so gibt es überhaupt noch Handlungsmöglichkeiten. Das würde die Möglichkeit eröffnen, einen Einladungswettbewerb an qualifizierte Architektenbüros auf schnellstem Weg auszuloben. Es hat einmal in der Geschichte der Stadt eine fast vergleichbare Situation gegeben, wobei damals ein gemeinsames Verfahren von Stadt und Land angestoßen wurde. Ich meine den Wettbewerb zum Bau der Hochschule an der Karlsburg. Er wurde im November 1979 ausgeschrieben und im bereits im März 1980 wurde der Gewinner präsentiert, es war der renommierte Architekt Gottfried Böhm aus Köln, der mit seinem Entwurf die weitgehende Integration des alten Gebäudes, das Auswandererhaus, Kaserne, Gefängnis und Brauerei gewesen war, bewerkstelligte. Der Zweitplatzierte war übrigens O. M. Ungers, der dann das AWI-Gebäude am Südende des Columbus-Centers bauen konnte.
Hinweis auf die fachliche Stellungnahme des früheren Mitarbeiters des Stadtplanungsamt, des Architekten und Stadtplaners Peter Höltgen. Er hat in einem offenen Brief an die Stadtverordneten folgendes geschrieben:
„1. Schlecht beraten: Die Sichtachse ist eine Mogelpackung
Die vom Büro De Zwarte Hond im Februar 2024 vorgelegte Konzeptstudie MP 1 ist eine Katastrophe. Es gibt eine Reihe völlig unrealistischer Vorschläge:
- Fußballplatz auf dem denkmalgeschützen Wencke-Dock
- Markthalle im City Port an der Deichstraße
- Parkhaus auf dem ehemaligen Finanzamtsgrundstück
Die vorgeschlagene Sichtachse von den Havenwelten zur Großen Kirche entspricht der Qualität dieser Vorschläge und ist eine Mogelpackung. Die behauptete Sichtbeziehung gibt es in Wirklichkeit nicht. Die entsprechende Visualisierung ist manipuliert und irreführend. Die Sichtachse gehört auf den Müll.
2. Falsch abgebogen: kein Planungswettbewerb
Der Magistrat ist leider auf die Sichtachse reingefallen. Er hat in einem Akt kollektiver Fehleinschätzung die Sichtachse zur Vorbedingung für die aktuelle Planung des Büros Gerber gemacht. Am 30.05.24 hat er einem Beratergremium unter Vorsitz des Kollegen Prof. Jörn Walter die Sichtachse als obligatorische Voraussetzung für die weitere Planung verkauft. Eine echte fachliche Beurteilung der Sichtachse hat es nie gegeben. Angesichts des städtebaulichen Desasters, das diese Sichtachse in der City anrichtet, ist dies ein unverzeihlicher Fehler. Das ist Planung nach Gutsherrenart.
Mit dieser Haltung wird auch ein regulärer Architektenwettbewerb für das NOVO abgelehnt. Dabei ist das ehemalige Karstadt-Grundstück eine Herzkammer der Innenstadt. Zur Findung der besten Lösung ist der Planungswettbewerb die bewährte Praxis. Für die geplante IPA-Durchführung ergeben sich aus einem vorgeschalteten Architektenwettbewerb keine zeitlichen Nachteile.
Mit dieser Haltung kommt es auch für das NOVO zu schlechten Planungsvoraussetzungen:
Die Sichtachse vermindert die vorhandene Karstadt-Grundstücksfläche erheblich. Dadurch müssen mehr Etagen gebaut werden. Das verschlechtert die Funktionalität. Auch das Eulenhof-Grundstück würde deutlich verkleinert. Die Formel lautet also: Sichtachse = Fehlplanung
3. Schlecht beraten: Statik des Altbaus falsch beurteilt
Es folgt eine weitere schlechte Beratung: Es gibt eine vom Magistrat beauftragte statische Untersuchung, die belegen soll, dass der Karstadt-Rohbau nicht für eine künftige Nutzung geeignet ist. Diese Untersuchung ist nach meiner Beurteilung und der eines guten Kenners der Statik des Hauses fachlich absolut falsch. Das Gegenteil ist zutreffend. Das Nutzungsprogramm des NOVO wäre sehr wohl auf den ehemaligen Kaufhausflächen denkbar.
4. Schlecht beraten: Raumhöhen des Altbaus falsch beurteilt
Und noch eine schlechte Beratung: In der Bürgerversammlung am 24.04.25 wurde von der Stäwog eine grob irreführende Skizze vorgestellt, die beweisen soll, dass die Karstadt-Geschosshöhen für das NOVO nicht geeignet sind. Das Gegenteil ist der Fall. Hier wird das Publikum schwer auf den Arm genommen.
5. Falsch abgebogen: Abbruch stoppen
Die Stadt ist gerade zu vielen schmerzhaften Einsparungen gezwungen. Deshalb sollte auch bei diesem Projekt in einem regulären Planungswettbewerb untersucht werden, inwieweit der vorhandene Rohbau incl. Fundament kosten- und CO2-sparend in einen Entwurf integriert werden kann. Der laufende Abbruch sollte deshalb gestoppt werden und kann nach Entscheidung für einen Entwurf - auf diesen modifiziert - fortgeführt werden. Ein zeitlicher Verzug für den Baubeginn ist wegen des nötigen Planungsvorlaufes keinesfalls zu erwarten. Ein Vorgehen, das der Klimastadt Bremerhaven gut zu Gesicht stehen würde.
Es ist höchste Zeit, dass der Magistrat zur Überprüfung seiner Position veranlasst wird und zu einer fach- und kostenorientierten Realisierung des Projektes findet. In diesem Sinne bitte ich Sie, in Ihrem Beschluss darauf hinzuwirken, dass diese großartige Bauaufgabe in jeder Hinsicht qualifiziert durchgeführt wird.“
Höltgen hat zudem eine ganz hervorragend fachliche Studie zum „Novo“ verfasst, die ich allen Interessierten wärmstens empfehlen möchte.

Betrachtungen und Kritik zur Vorlage zum Novo im Detail
(kursiv sind die Zitate aus der Vorlage, die ich dann jeweils kommentiere):
Die Vorlage für die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 26. 6.2025 kann hier heruntergeladen werden: https://sitzungsapp.bremerhaven.de/ris/bremerhaven/agendaitem/details/33938
„Vor diesem Hintergrund wurde die STÄWOG durch die genannten Gremien gebeten, eine Machbarkeitsstudie zu erstellen“ (S. 1)
Kommentar: lt. der Beschlüsse vom Oktober 2024 sollte das das Architekturbüro Gerber machen.
„Die Stadtverordnetenversammlung bittet die STÄWOG, eine Machbarkeitsstudie durch das Dortmunder Architekturbüro Gerber Architekten GmbH erarbeiten zu lassen, die neben inhaltlichen und baulichen Verknüpfungen zwischen der Stadtbibliothek und dem Jugendgästehaus auch die Anbindung an das Columbus-Shopping Center ermitteln soll. Die Machbarkeitsstudie soll dabei auf die Ergebnisse des Gestaltungsbeirats vom 30.05.2024 zurückgreifen und von Gerber Architekten GmbH erstellt werden.“ (Beschluss StVV 29.10.24) Im Übrigen: Die Ergebnisse des Gestaltungsbeirats sind öffentlich nicht bekannt.
„Diese Freiraumachse soll durch den am Nordende diagonal ausgebildeten neuen Baukörper aufgenommen werden. Der so entstehende Platz ist in dem bestehenden Platz vor der großen Kirche zu integrieren und soll mit den Nutzungen innerhalb des neuen Gebäudes eng verwoben werden. So entstehen eine große Anziehungskraft und Aufenthaltsqualität.“
Kommentar: Es ist schon bemerkenswert, dass die aus der Konzeptstudie von De zwarte Hond (DZH) stammende Idee einer Sichtachse als einzige übernommen wurde. Sie stand bei den verschiedenen Formaten von Bürgerbeteiligung nie an erster Stelle! Warum wude nicht die „Gestaltungsidee Am Wasser“ oder die „Gestaltungsidee Columbusstraße“ oder die „Gestaltungsidee Der grüne Loop“ verfolgt? Das ist insbesondere deshalb interessant, weil die Vorlage auf den Antrag 10/2023 verweist, in dem die Mehrheit der StVV Anfang 2024 beschlossen hat, die Columbusstraße wenigstens in Ansätzen zurückbauen zu lassen. Abgesehen davon, sind Konzeptideen noch keine Planungen und schon gar nicht verbindlich. Sie sollten im Zusammenhang der städtebaulichen Entwicklung diskutiert werden. Sie wurden aber öffentlich noch nirgends in den zuständigen Gremien diskutiert.
„Zur fachgerechten Ausarbeitung der Machbarkeitsstudie hat die STÄWOG verschiedene, spezialisierte Partner:innen beauftragt:“
Kommentar: So verständlich es ist, das im Beschluss der StVV genannte Büro Gerber zu beauftragen und so verständlich es ist, ein Statikbüro wie KSF mit einem Büro für Baulanduntersuchung mit ins Boot zu holen, so unverständlich ist es, ein Innenarchitekturbüro, eine Marketingagentur und eine Consultingdame mit einzubeziehen. Damit werden bereits Vorentscheidungen getroffen, die nur auf einen Neubau ausgerichtet sind und eine Revitalisierung eines vorhandenen Baukörpers verhindern. Diese Entscheidung scheint lediglich die Stäwog getroffen zu haben, zumindest ist nicht zu erkennen, welche sonstigen Gremien an dieser Entscheidung beteiligt waren. Dass hingegen die Stadtbibliothek und das DJH einbezogen werden als zukünftige Nutzerinnen, ist vollkommen gerechtfertigt.
„Ziel war es, ein tragfähiges Konzept zu entwickeln für
• einen lebendigen Ort mit hoher stadtweiter und überregionaler Strahlkraft,
• eine nachhaltige Belebung der Innenstadt,
• eine attraktive Verbindung zwischen Havenwelten und Innenstadt, entlang der vom Büro De Zwarte Hond konzipierten Freiraumachse,
• einen Ort, der Bremerhavener:innen und Gästen gleichermaßen offensteht.
• ein Leuchtturmprojekt in prominenter Lage“
Kommentar: Die Definition dieser Zielsetzung geht deutlich über den Rahmen einer Machbarkeitsstudie hinaus und bedürfte der breiten politischen und gesellschaftlichen Diskussion.
„Im Verfahren wurde deutlich, dass es zwei Eingänge aber ein zentrales „Ankommen" geben muss. Ein ebenerdiger Eingang ist von der neuen Freiraumachse kommend und ein Eingang im ersten Obergeschoss in Verlängerung der Glasdrehbrücke und dem Columbus-Shopping- Center vorgesehen. Als zentrales Element, das zugleich die Geschosse des Hauptkörpers „auflöst" und es ermöglicht, das Gebäude aus verschiedenen Blickwinkeln zu erleben, soll ein begrünter Innenhof geschaffen werden. Über den über zwei Geschosse gewährleisteten Eingangsbereich sollen die Besucherinnen und Besucher in das Gebäude „diffundieren" und so mit den Nutzungen des Gebäudes in Verbindung gebracht werden.“
Kommentar: Bedauerlicherweise wird sich hier nur auf ein neues Gebäude bezogen und auf seine Funktionen als Bibliothek und Jugendherberge. Der Zu- und Abgang ins und aus dem Columbus-Center ist in der Betrachtung völlig unterbelichtet. Die Bedeutung eines gut sichtbaren und komfortablen Zu- und Abgangs zum und aus dem CC wird offensichtlich unterschätzt. Denn die Frequenz von Besuchen ins CC ist erheblich höher als die in die Bibliothek oder in die Jugendherberge. Zudem: Der Bibliotheks- und Jugendherbergseingangsbereich soll ja als „Dritter Ort“ auch Wohnzimmercharakter haben. Da stellt sich schon die Frage, ob man da Leute ständig durchlatschen lassen will. (s. u.)
„Im ersten Obergeschoss sind neben dem DIY- und dem Musik-Labor die Jugend-, Familien- und Musikbibliothek sowie die „Bibliothek der Dinge" angesiedelt. Ebenso finden sich hier Chilloutbereiche und interne Bereiche wie Büro und Lager. Von der Glasdrehbrücke der Havenwelten und des Columbus-Shopping-Centers kommend, wird hier der zweite Hauptzugang zum Gebäude entstehen“
Kommentar: Neben dem Kommentar zum vorigen Abschnitt gilt: Das Problem des CC besteht darin, dass man dort auch hinkommen muss. Wer von den Havenwelten oder der Bürger ins CC will, geht eher nur ausnahmsweise über die Glasbrücke, sondern es braucht einen attraktiven Zugang von der „Bürger“ ins CC. Auf Seite 6 wird dann eingeräumt, dass diese Frage, die im übrigen Kern des Auftrags durch die StVV war, offen sei:
„Parallel zum Planungsprozess sind weitere Abstimmungen durchzuführen und offene Fragestellungen zu klären, die in die IPA einzubeziehen sind. Dazu gehören beispielweise aufgeworfene Fragen, wie für Besucher:innen, die nicht das NOVO nutzen wollen, ein möglichst direkter Zugang zum Columbus Center sichergestellt oder mögliche Wartezeiten beispielsweise bei Ankunft von Schulklassen vermieden werden können usw.“
Kommentar: Obwohl dank der Beauftragung eines Innenarchitekturbüros nahezu bis ins letzte Detail die Räume bereits entworfen wurden, bleibt die Frage des CC-Zugangs offen.
„Die STÄGRUND hat zur Klärung der Frage [ob das Betonskelett des aus den 1950er Jahren stammenden Karstadtbaus erhalten und in das neue Gebäude integriert werden kann] die Büros Gerber Architekten GmbH (Dortmund), KSF Steimke, Dr. Hemmy & Partner Beratende Ingenieure mbB (Bremerhaven) in Kooperation mit dem Grundbaulabor Bremen beauftragt. Im Ergebnis lässt sich Folgendes festhalten:
· Der Bauteil, der in den 1950er Jahren errichtet wurde, verfügt über keine Pfahlgründung. Von daher sind dort keine Lastreserven vorhanden. Die geplante Dachbegrünung wäre nicht umsetzbar, da die Dachlasten allein auf die Schneelasten ausgelegt sind.
· Die Deckenhöhen sind für die vorgesehenen Nutzungen ungeeignet. Im zweiten Obergeschoss würden lediglich 2,49 m lichte Höhe unter den Unterzügen zur Verfügung stehen, die durch die notwendige Installationsebene noch weiter reduziert werden müssten.
· Um das für einen „Dritten Ort" entwickelte Raumprogramm unterzubringen, sind drei Vollgeschosse notwendig, was im Bestandsgebäude nicht umsetzbar wäre. Es können also keine der erarbeiteten Synergie-Effekte genutzt werden und es wäre nicht möglich, im Altgebäude die Raumanforderungen an einen zukunftsfähigen „Dritten Ort" abzubilden. Dazu stört das schmale Achsraster der vorhandenen Betonstützen. Eine adäquate Raumentwicklung und die geplanten Deckenöffnungen können nicht umgesetzt werden.
· Der Anteil der nutzbaren Flächen aus den 1950er Jahren beträgt lediglich 24°% der Karstadtgesamtfläche.
Der geplante „Dritte Ort", von dem eine große Strahl- und Anziehungskraft erwartet wird, könnte bei einem Erhalt des Betonskeletts aus den 1950er Jahren nicht weiterverfolgt werden.“
Kommentar: Ja, es ist wahr, der Bauteil aus den 1950er Jahren verfügt nicht über eine Pfahlgründung, sondern es ist eine sog. Schwimmende Gründung mit einer sog. Schwarzen Wanne. Diese sind intakt und nach Aussagen der entsprechenden Gutachten aus den 1950er Jahre durchaus belastbar. Nach Aussage eines Fachmanns wäre sogar ein zusätzliches Geschoss tragfähig. Da die Aussagen zur Tagfähigkeit nicht näher erläutert werden, besteht der Verdacht, dass von einer Tragfähigkeit nach einem Aufschneiden des Grundrisses ausgegangen wird. Zudem, wie schon oben geschrieben, wurde eine Raumplanung erstellt nach dem Motto, was kostet die Welt, die keine Rücksicht auf einen vorhandenen Baukörper meint nehmen zu müssen. Das wird teuer.
Gerber kommt auf Gesamtkosten von 90.792.065 €
„Wie eingangs erwähnt, wurde das Raumprogramm der Schrammel-Studie als Grundlage für das Konzept und den sich daraus ergebenden Baukörper zu Grunde gelegt. Der Kubus umfasst die maximale Fläche. Nicht Teil der Machbarkeitsstudie war die Prüfung, ob beispielsweise auch Flächen reduziert werden können, ohne das Konzept als solches in Frage zu stellen.“
Kommentar: Schon bemerkenswert, dass eine maximale Fläche als gesetzt gilt. Angesichts der dann notwendigen Summen scheint den Verfassern der Studie doch Bedenken gekommen zu sein. Denn es folgt der Abschnitt:
„Es gilt daher zu prüfen, ob das Raumprogramm mi Rahmen der weiteren Planungen angepasst werden kann und weitere Einsparpotenziale zu identifizieren sind, ohne vom Konzept und den Ansprüchen an die Architektur nennenswerte Abstriche zu machen. Nach Schätzungen der STÄGRUND und der BIS ist ein Budgetrahmen in Höhe von mindestens 75 Mio. €für das Gesamtprojekt unverzichtbar.“
Kommentar: Obwohl jeder Raum akribisch geschildert wurde, wird nun pauschal der Raumbedarf reduziert, um auf die Summe von 75 Mio. € zu kommen. Darf man das als seriös bezeichnen?
„Das Grundstück soll nicht verkauft, sondern mit einem Erbbaurecht an die STÄGRUND vergeben werden. Damit profitiert die Stadt von der Wertentwicklung des Grundstücks. Die geplante Kapitaleinlage der Stadt bei der STÄWOG soll den Wert der Immobilie nach Ablauf des Mietvertrages darstellen. 2025 ist eine Kapitaleinlage in Höhe von 45 Mio. € geplant. 2027 wären weitere 30 Mio. € als Kapitaleinlage bereitzustellen. Alternativ dazu kann die STÄGRUND auf dem Kapitalmarkt die Summe, analog zu dem Vorgehen bei den Schulneubauten und des Polizeireviers Geestemünde, fremdfinanzieren.
Die Dividende, die auf die Kapitaleinlage zu zahlen ist, ist abhängig von dem Finanzierungszins und muss mit der Miete erwirtschaftet werden. In Abstimmung mit der Stadtkämmerei wurde ein Zins in Höhe von 2,5 % angesetzt. Dieser Wert ist während der gesamten Mietvertragsdauer fixiert.“
Kommentar: Die 75 Mio. €, die die Stadt oder die Stäwog als Kredit aufnehmen muss, bedeuten eine immense Schuldenaufnahme für die Stadt oder für die Stäwog. Angesichts eines hoch verschuldeten Haushalts eine problematische Sache. Das eigentlich Problematische wird an Folgendem handfest:
„Ohne Abzug der Gegenrechnungspositionen (bisherige Kosten für die Anmietung Bibliothek und Unterhaltung Eingang und Passage Karstadt durch die öffentliche Hand) ergeben sich damit nach derzeitigem Planungsstand mit diesem Modell Kosten von rd. 3.225.000 € pro Jahr für Eigenkapitalverzinsung, Unterhaltung und Verwaltung der Immobilie. Unter der Voraussetzung, dass sich die Jugendherberge prozentual gemäß der Baukostenverteilung (s. Tabelle S. 5) an den genannten jährlichen Kosten beteiligt, verbleiben für die Stadt (Stadtbibliothek und öffentliche Infrastruktur) Kosten in Höhe von 2.193.000 €. Diesen Kosten gegenzurechnen sind die bisherigen Mietkosten für die Stadtbibliothek und die Unterhaltungskosten für den Eingang und die P a s s a g e Karstadt in Höhe von 615.550 €. Damit verbleibt eine Differenz in Höhe von rd. 1.577.000€, welche die Mehrkosten gegenüber dem heutigen Status quo darstellen.“
Kommentar: Das ist sozusagen der, neben der städtebaulichen Problematik, haushaltspolitische Schlüsselpunkt. Um es deutlich zu sagen: Statt bisher rund 615.000 € pro Jahr wird ab 2029 jährlich die stattliche Summe von 2.193.000 € fällig, also 1,577 Mio. € mehr als bisher. Das muss politisch diskutiert werden, ob der städtische Haushalt das leisten kann und soll. Besonders kritisch wäre die Diskussion in diesem Zusammenhang zu führen, ob es nicht mit der Nutzung des Altbaus aus den 1950er Jahren möglich wäre, diese Kosten dauerhaft deutlich zu reduzieren. Fachleute sprechen immerhin von einer Kostenersparnis von 30 bis 50 %! Das kann Haushaltspolitikerinnen und Haushaltspolitiker nicht kalt lassen.
„Die Finanzierung der im Rahmen dieser Vorlage zu beschließenden Planungsphase 1 wird von der STÄWOG aus der beabsichtigten Kapitaleinlage in Höhe von 45°Mio.€ finanziert. Die Refinanzierung erfolgt aus Mieteinahmen, aus denen auch die auf die Kapitaleinlage zu entrichtende Dividende an die Stadt Bremerhaven zu zahlen ist.
Für den Fall, dass das Projekt nach Ermittlung der Kosten nicht weiterverfolgt wird, ist die STÄWOG dahingehend abzusichern, dass sie von der Pflicht zur Zahlung der Dividende und zur Rückzahlung der Kapitaleinlage für die Planungskosten befreit wird. Damit entstünden der Stadt Kosten in Höhe von rd. 8 Mio. € für die Planungsphase 1.“
Kommentar: Diese Passagen haben es in sich. Abgesehen davon, dass es sprachlich ein Meisterwerk ist, wenn eine Finanzierung finanziert wird, folgt der eigentliche Hammer im nächsten Absatz. Sollte nämlich aus durchaus denkbaren Gründen das Projekt nicht zu realisieren sein, kostet das die Stadt auf jeden Fall 8 Mio. €. Da in dieser Machbarkeitsstudie eine Risikoabwägung fehlt, wird die Beschlussfassung dem guten Glauben der Stadtverordneten anheimgestellt. Aber da der Beschluss ja vor der nächsten Wahl zur Stadtverordnetenversammlung getroffen werden soll, so oder so, werden diejenigen, die heute dieser Vorlage zustimmen, letztlich nicht zur Verantwortung gezogen werden (können).
„Es sind keine klimaschutzzielrelevanten Auswirkungen zu erwarten.“
Kommentar: Das ist schlicht falsch. Beim Abriss des 1950er Jahre Altbaus wird eine große Zahl sog. Grauer Energie vernichtet und für den Neubau erheblich viel Graue Energie benötigt, was die CO2-Bilanz beträchtlich negativ aussehen lassen wird.
Volker Heigenmooser, 23.6.25