· 

Chef der Zeitungsverleger salbadert mal wieder

Ausriss NZ 17.9.25

Mein „Lieblingsverleger“ Matthias Ditzen-Blanke hat mal wieder einen rausgehauen. Eine Mischung aus Phrasendreschmaschine („Komplexitätsreduktion“), Gejammere (Politiker „begegneten Journalistinnen und Journalisten aber häufig in Abwehrhaltung“) und Heuchelei. Heuchelei vor allem deshalb, weil in der gleichen Ausgabe, in der der Vorstandsvorsitzende des „Bundesverbands Digitalpublisher(!) und Zeitungsverleger“ in der von ihm verlegten Nordsee-Zeitung zeigt, wie man keine eigene Recherche macht, sondern schlicht immer häufiger Pressemitteilungen der von ihm so gescholtenen Politik übernimmt. Aber „Madibla“, wie er hausintern genannt wird, stellt sich gerne auf eine große Bühne und warnt „davor, dass Politiker zunehmend den direkten Weg über soziale Netzwerke suchten und klassische Medien umgingen…, um die Deutungshoheit über ihre Botschaften zu erhalten.“ Wer wollte das nicht? 

Dazu möchte ich festhalten: 1. Es gibt die Entwicklung der Social Media, so dass sich diejenigen, die in der Öffentlichkeit Wirkung erzielen wollen, der Nutzung dieser Verbreitungsmöglichkeiten kaum entziehen können. Deshalb nutzt ja auch die Nordsee-Zeitung des Verlegers Ditzen-Blanke, so wie er persönlich, seit vielen Jahren diese Social Media Kanäle, wenn auch nicht sehr erfolgreich, meiner Einschätzung nach. 2. Dass sich die traditionellen journalistischen Medien in dieser Konkurrenzsituation neu aufstellen müssen, ist folgerichtig und notwendig. Sie tun das, um nur beim Beispiel Nordsee-Zeitung als Lokalzeitung zu bleiben, indem sie sich dem, was sie für die Gesetzmäßigkeiten der Social Media halten, anpassen und immer weniger journalistische Leistung bieten. Es ist sozusagen lustig, dass in der gleichen Ausgabe, in der von Ditzen-Blankes Tirade berichtet wird, zwei schöne Beispiele für immer weniger journalistische Leistung zu besichtigen sind. 

1.    Beispiel: Auf der ersten Lokalseite steht ein Artikel mit der Überschrift „Stadt Bremerhaven sagt Nein zur ‚Najade‘“(vgl. https://www.nordsee-zeitung.de/bremerhaven/stadt-streicht-die-segel-abschied-vom-projekt-najade-318702.html). Das ist die pure Übernahme einer Pressemitteilung des Magistrats der Stadt Bremerhaven (https://www.bremerhaven.de/de/aktuelles/oberbuergermeister-grantz-nachbau-der-najade-nicht-realisierbar.170285.html). Keine eigene journalistische Leistung! Drei Seiten weiter stehen nochmal zwei Artikel zum Thema „Najade“, beides sind ebenfalls pure Übernahmen von Pressemitteilungen, die eine von Bündnis Deutschland und die andere der FDP. Werter Herr Verleger: Eine journalistische Leistung wäre gewesen, wenn Ihre Leute die verschiedenen Pressemitteilungen zu dem Thema ordentlich redigiert und sie in einem Artikel verarbeitet hätten. Aber klar, es ist viel einfacher, die Pressemitteilungen von Institutionen, Politikerinnen oder politischen Parteien ohne eigene journalistische Leistung zu übernehmen. Und: Das ist ja billiger.

Ausriss NZ 17.9.25

2.    Beispiel: Bei NZ-online gibt es seit einiger Zeit die obskure Mode, Pressemitteilungen faktisch unbearbeitet hinter die Bezahlschranke zu setzen. Das ist unseriös. Und der Verleger braucht sich deshalb nicht wundern, wenn immer mehr Leserinnen und Leser dann gleich zu den Originalen abwandern, z. B. zur Pressestelle des Magistrats, zu den Aktuellen Meldungen der Parteien, zu den Pressestellen von Polizei und Feuerwehr etc. Dort gibt es dann die Originalpressemitteilungen, meist auch ohne von der NZ-Redaktion fabrizierte Fehler… 

3.    Pikant ist, wenn der Verlegerfunktionär laut seiner eigenen Zeitung (ein bisschen krude, nebenbei gesagt) verkündet: „Politischer Diskurs gehört ins Parlament“. Das ist ein wenig ignorant gegenüber den gesellschaftlich notwendigen Aushandlungen auch außerhalb der Parlamente. Wie dem auch sei, angesichts einer solchen Äußerung möchte man gerne darauf hinweisen, dass just dieser Verleger immer weniger aus dem Parlament berichten lässt, weder aus der Stadtverordnetenversammlung (die ja eigentlich kein Parlament ist) noch aus der Bremischen Bürgerschaft.(vgl. https://www.heigenmoosers-wortmanufaktur.de/2025/06/02/heimat-check-lokalzeitung-verfehlt-eigenen-anspruch/ oder hier: https://www.heigenmoosers-wortmanufaktur.de/2025/05/14/ein-verleger-lenkt-von-eigenem-versagen-ab/) Wer wollte es den politischen Beteiligten angesichts dessen verdenken, dass sie auf anderen Wegen versuchen, ihre Positionen unter die Leute zu bringen.

 

Und noch eine nette Pointe am Rand: In dem Artikel über den „Chef der Zeitungsverleger“ wurde auch mitgeteilt, dass neu in den BDZV-Vorstand die Geschäftsführerin der Nordwest-Zeitung aus Oldenburg gewählt wurde, just des Zeitungsverlags, den, wie am vergangenen Montag (15.9.25) bekannt wurde, die Hannoversche Madsack-Gruppe gekauft hat….